COMPENSATION & BENEFITS: WAS MITARBEITER HEUTE WIRKLICH WOLLEN
Beitrag von Harald Smolak, Direktor und Leiter der Functional Solution Group Human Resources
„Die Tendenz geht ganz klar zur teamorientierten Vergütung. In Betrieben, in denen ein höheres Gewicht auf Team Incentives gelegt wird, ist die Arbeitszufriedenheit signifikant höher.“
„Incentives auf Einzelleistungen belohnen Einzelkämpfer, fördern jedoch nicht die wertvolle Zusammenarbeit mit Kollegen. Diese werden mehr als Wettbewerber und weniger als Partner für den gemeinsamen Erfolg wahrgenommen.“
Der gemeinsame unternehmerische Erfolg im Fokus
Jedes Unternehmen möchte das Beste aus seinen Mitarbeitern herausholen. Dabei sollte der Team-Gedanke oder das Wir-Gefühl stets im Mittelpunkt stehen. Ein Star-Ensemble aus vielen Einzelkönnern fokussiert sich dagegen nur auf die individuelle Einzigartigkeit und steht der Zugehörigkeit eines Teams und dem Unternehmen im Weg. Incentives auf Einzelleistungen belohnen daher Einzelkämpfer, fördern jedoch nicht die wertvolle Zusammenarbeit mit Kollegen. Diese werden mehr als Wettbewerber und weniger als Partner für den gemeinsamen Erfolg wahrgenommen. Misstrauen wird damit unbewusst kultiviert, da ein Teilen von unterschiedlichen Erfahrungen als möglicher Verlust der eigenen Performance und Stärkung der anderen gesehen wird.
Die Tendenz geht daher ganz klar zur teamorientierten Vergütung. In Betrieben, in denen ein höheres Gewicht auf Team Incentives gelegt wird, ist die Arbeitszufriedenheit signifikant höher. Unternehmen, die durch agile Arbeitsmethoden bereits erfolgreich und effizient auf Augenhöhe an gemeinsamen Zielen zusammenarbeiten, sind gegenüber traditionellen Organisationen im Wettbewerb überlegen, denn diesen fällt die bereichsübergreifende Zusammenarbeit außerhalb ihrer Silomauern schwer.
Intrinsische Motivation durch Wertbeitrag
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team bedarf allerdings auch konkreter Zielvereinbarungen. Für viele ein alter Hut und doch noch immer eine Hilfestellung zur Formulierung von klaren und messbaren Zielen: Die SMART-Formel – spezifisch, messbar, aktionsorientiert, realistisch und terminiert. Mitarbeiter verstehen Zielsetzungen besser, wenn sie klar formuliert sind und deutlich wird, warum sie wichtig sind. Diese Art der transaktionalen Führung, die durch Peter Drucker unter Management by Objektives bekannt wurde, fokussiert sich allerdings nur auf die rein operative Effizienz und versachlicht die Ergebniserzielung durch Key Perfomance Indicators.
Meist versuchen Führungskräfte ihr Abteilungsziel auf Individualziele für Ihre Mitarbeiter herunterzubrechen, ohne den eigenen Geschäftsauftrag sichtbar zu machen: Wofür gibt es unsere Abteilung überhaupt? Was ist unser Zweck? Wie setzen wir das um? Wenn die Frage nach dem „Wofür“ jedoch nicht klar beantwortet werden kann, wie soll dann große Leidenschaft im Tun geschaffen werden? Der Sinn und der Wert eines jeden Einzelnen sind Treiber für eine erfolgreiche Umsetzung von Zielen in Organisationen. Dass eine leistungs- und marktgerechte Bezahlung dafür notwendig ist, steht außer Frage. Überdurchschnittliche Leistungen erzielen Menschen allerdings nur aus Angst oder aus Leidenschaft. Langfristig siegt jedoch die Leidenschaft. Was wiederum Zugehörigkeit, Wertschätzung und Freude an der Realisierung von Herausforderungen bedeutet.
Schnelle Marktveränderungen und disruptive Geschäftsmodelle
Die über mehrere Jahrzehnte hinweg andauernden Paradigmen unserer Arbeitswelt haben sich gewandelt. In Zeiten großer Umbrüche gewinnen jene Unternehmen, die sich zeitnah den Veränderungen des Marktes anpassen und schnell genug ihre Geschäftsausrichtung und Arbeitsprozesse modifizieren. Komplexe Organisationsstrukturen erweisen sich dabei oftmals als hinderlich. Denn Anpassungen kosten Zeit, erzeugen Unsicherheit und Widerstand. Führungskräfte sollten daher andere Perspektiven und Ideen zulassen und umso mehr auf die Stärken der eigenen Mitarbeiter vertrauen.
Denn Veränderungen erfordern Mut. Und traditionelle Bonusmodelle sind da nur hinderlich. Gefragt sind charismatische Führungskräfte, die den Wandel als Chance begreifen. Menschenfänger, die die Herzen der Mitarbeiter gewinnen und dadurch hohe Performance in Teams generieren können, unabhängig von Incentivierungssystemen. Also die Mitarbeiter im Sinne einer transformalen Führung beteiligen und befähigen. Vom Mitarbeiter zum Mitdenker.
Das ideale Bonusmodell gibt es nicht
Menschen sind unterschiedlich geprägt und motivieren sich selbst durch unterschiedliche Rahmenbedingungen. Deshalb sind neben einer werteorientierten Unternehmenskultur zielgruppenspezifische Anreize durchaus sinnvoll. Sogenannte Split Incentives zwischen zwei oder mehreren Mitarbeitern etwa, die beispielsweise für die erfolgreiche Akquise eines Kunden oder Projektes verantwortlich sind. Die Bonifizierung sollte dabei zu gleichen Teilen erfolgen.
In unternehmenskultureller Hinsicht sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter zudem viel stärker fördern. Sie bestärken, bestehende Systeme und Entscheidungen kritisch zu hinterfragen. Damit sind keine Querulanten gemeint, sondern im positiven Sinne diejenigen, die bereit sind neue Ansätze zu entwickeln. Das kann man nicht verordnen, jedoch durch neue Incentive-Modelle fördern. Das erfordert einen gewissen Freiraum und Sparring durch Kollegen. Eine Vernetzung von Experten, die sich im Team wertvoll ergänzen und einen Lernprozess durchlaufen. Mit dem gemeinsamen Ziel, das Unternehmen für die Zukunft erfolgreich aufzustellen.
Denn Netzwerke fördern die Erkenntnis von wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhängen sowie Beziehungen für Unternehmen. Moderne Incentivierungssysteme, die Netzwerke organisationsübergreifend fördern, beschleunigen die Transformation in agilen Arbeitsstrukturen. Diese sollten analog zu der Geschäftsausrichtung angepasst werden. Denn Flexibilität in neuen Arbeitsformaten erfordert gleichermaßen eine Anpassung der Bonifizierungsmodelle.
Mehr WIR, weniger ICH
Es bleibt somit festzuhalten, dass branchenübergreifend immer mehr Unternehmen auf ein neues Wir-Gefühl setzen und sich zusehends von Boni für Einzelleistungen verabschieden sollten. In einer digitalisierten Arbeitswelt, in der Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern zu agilen Teams verschmelzen, flache Hierarchien gelebt werden und es darauf ankommt, immer schneller auf Veränderungen zu reagieren, lässt sich individuelle Leistung immer schwieriger abgrenzen. Für die Zukunft gilt es also, verstärkt auf die Kraft des Kollektivs zu setzen.