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Die Zukunft der Automobilbranche

Logistische Herausforderungen in der Automobilindustrie

Atreus Partner, Direktor und Leiter der Solution Group Automotive & Mobility Stefan Randak und Atreus Direktor Sebastian Kainz sprechen mit Dr. Marcus Ewig. Er ist geschäftsführender Direktor bei Rhenus Automotive SE, die weltweit logistische und montagetechnische Unterstützung für Automobilhersteller anbieten. Ewig erklärt, wie das Unternehmen Automobilherstellern hilft, nicht-kernkompetente Tätigkeiten auszulagern, um Risiken zu verteilen und Flexibilität zu erhöhen. Der Trend zur Auslagerung ist besonders in Europa stark ausgeprägt, während er in Amerika und China unterschiedlich weit fortgeschritten ist.

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Dr. Marcus Ewig
Geschäftsführender Direktor, Rhenus Automotive SE
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„Die Logistik innerhalb der Automobilbranche hat sich über die letzten 20 bis 30 Jahre sehr stark transformiert. Waren es anfangs einfache logistische Tätigkeiten, die man im klassischen Sinne ausgesourct hat, geht es heute über zu komplexen Montagen oder bis hin zum Thema Contract Manufacturing. Letztlich haben wir heute also einen riesigen Spread, den wir mit unterschiedlichen Lösungskonzepten abbilden können.“

Dr. Marcus Ewig
Geschäftsführender Direktor, Rhenus Automotive SE

Im Folgenden finden Sie eine Teilabschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.

Stefan Randak: Liebe Zuhörer, die logistischen Herausforderungen innerhalb der Automobilindustrie sind sehr umfassend. Insofern freuen wir uns heute sehr, unseren Gast begrüßen zu dürfen, Herrn Dr. Marcus Ewig, den CEO der Rhenus Automotive. Herr Dr. Ewig, vielen Dank, dass Sie heute da sind.

Dr. Marcus Ewig: Vielen Dank für die Einladung. Freut mich sehr, dass ich Ihnen heute Rede und Antwort stehen darf.

Stefan Randak: Wer ist die Rhenus Automotive? Sie ist Teil der Rhenus Logistik, die mit 40.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz in Höhe von 7,5 Milliarden Euro einer der größten Logistikdienstleister insgesamt ist. Also insofern haben wir heute einen sehr kompetenten Gesprächspartner hier. Mein Kollege Sebastian und ich sind gut vorbereitet mit den Fragen. Und dann würde ich sagen, steigen wir gleich in die erste Frage ein. Herr Dr. Ewig, können Sie sich netterweise unseren Zuschauern persönlich vorstellen?

Dr. Marcus Ewig: Ja, sehr gerne Stefan Randak. Wie gesagt, mein Name ist Dr. Marcus Ewig, 52 Jahre alt, wohnhaft in der schönen Südpfalz. Von der Ausbildung her bin ich ein ganz klassischer Diplom-Kaufmann, habe das in Saarbrücken studiert, bin dann über die Wissenschaft in die Beratung eingestiegen, noch ganz klassisch damals in die Prozessberatung und dann hinüber in die Automobilbranche, die mich seitdem fesselt. Ich war fast zehn Jahre im Porsche-Konzern aktiv, durfte dort viele spannende Projekte begleiten. Zum Beispiel den Aufbau von einem Werk in Leipzig, was sehr prägend war. Dann habe ich einen kurzen Exkurs in die Luxusbranche, Fashionbranche gemacht. Ganz anderes Thema, auch sehr spannend, auch lange nicht so strukturiert. Das hat mir aber dann auch bisschen gefehlt und so bin ich vor 7,5 Jahren wieder in die Automobilbranche eingestiegen und seit dem Zeitpunkt CEO der Rhenus Automotive.

Sebastian Kainz: Mich interessiert, was hinter dem Begriff Automotive Logistik aus Ihrer Sicht, mit Ihren Worten steckt und wie die Rhenus dort im täglichen Doing unterstützt oder unterstützen kann.

Dr. Marcus Ewig: Betrachtet man Logistik im Bezug auf die Automobilbranche haben wir ja das ganze Thema der Inbound-Logistik, Supply Chain Management. Das Thema Outbound-Logistik, das haben wir in unserer Division nicht so stark im Fokus, das machen die Kollegen. Wir konzentrieren uns auf logistische Abläufe innerhalb der Fabrik oder fabriknah mit unseren Kunden, die zu 99 Prozent Premium Automobilhersteller sind. Dann muss man dieses Thema auch ein wenig weiter aufteilen, weil die Logistik sich innerhalb der Automotive-Branche über die letzten 20-30 Jahre sehr stark transformiert hat. Waren es zum Anfang einfache logistische Tätigkeiten, die man im klassischen Sinne ausgesourct hat, gehen wir heute über bis hin zu komplexen Montagen oder bis hin zum Thema Contract Manufacturing, bauen also letztlich einen riesigen Spread auf, den wir heute mit unterschiedlichen Lösungskonzepten abbilden können. Das macht die Rhenus Automotive. Um es mal konkret zu machen, wir können heute unseren Kunden aus der Automobilindustrie drei Produktsegmente anbieten und das weltweit. Das ist einmal das klassische, wir nennen es Core Logistics. Das sind logistische Prozesse innerhalb der Fabrik, on campus, beziehungsweise off campus kommissioniert, wo es darum geht, Linefeeding zu machen, Kommissionierthemen zu machen, Bandversorgung im Rohbau bis hin zur Fertigung oder auch im Bereich der Fertigfahrzeug-Logistik. Das ist ein Teilsegment. Da kommen wir auch her, deswegen auch die Verbindung zur Logistik.

Das zweite Thema ist abgeleitet aus einer relativ großen Akquisition, die wir im Jahre 2016 vollzogen haben. Damals haben wir die Ferrosstaal Automotive akquiriert, ein Provider für Logistiklösungen eher im Montage-Segment. Das heißt, wir steigen ein als Montagedienstleister bis hin heute als klassischer 1st Tier, also sprich im Bereich der Achs-Montage, im Bereich der Cockpit-Montage oder Ähnliches.

Und das dritte Produktsegment – unser jüngstes Baby sozusagen – ist das ganze Thema Batterie-Recycling und Batterie-Refurbishment, was wir gemeinsam mit unserer Schwestergesellschaft der Remondis in den letzten drei Jahren aufgebaut haben, wo wir ein weiteres Dienstleistungssegment für die Automobilhersteller aufbauen können. Heute noch sehr jungfräulich, weil wir natürlich auch dort mit den Automobilherstellern gemeinsam wachsen, aber für uns ein klares, zukunftsorientiertes Thema, das wir umsetzen und auch als Dienstleistung anbieten können.

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„Die Automobillogistik ist momentan in einer Transformation. Wir kommen von, das darf man so sagen, rudimentären Tätigkeiten und sind jetzt immer weiter in die Wertschöpfungskette der Automobilhersteller eingestiegen. Der Grund ist einfach, dass auch die Automobilhersteller ihre eigene Wertschöpfung neu definieren.“

Dr. Marcus Ewig

Stefan Randak: Herr Dr. Ewig, eine weitere wichtige Frage in dem Zusammenhang ist natürlich, wer benötigt so eine Unterstützung und warum benötigt dieser Kunde diese Unterstützung?

Dr. Marcus Ewig: Ja, ich hatte es ja im ersten Teil Ihrer Frage vorhin schon mal grob beantwortet. Die Automobillogistik ist momentan in einer Transformation. Wir kommen von, das darf man so sagen, rudimentären Tätigkeiten und sind jetzt immer weiter in die Wertschöpfungskette der Automobilhersteller mit eingestiegen. Der Grund, und das beantwortet sicherlich auch Ihre Frage, der Grund ist einfach, dass auch die Automobilhersteller ihre eigene Wertschöpfung neu definieren, eine eigene Strategie haben, was für sie wertschöpfend ist. Und genau in diese Nische oder in dieses Vakuum treten wir ein. Das heißt, wir bieten heute Lösungen an für Tätigkeiten, die der Automobilhersteller nicht mehr als Kernkompetenz definiert. Das ist aber unsere Kernkompetenz, wo wir mit Werkzeugen, Tools, Prozessen letztendlich einen Mehrwert generieren können. Das ist der erste Punkt.

Und der zweite Punkt ist es natürlich auch, und das darf man offen ansprechen, es eine Risikoverteilung. Das heißt, wer stellt Mitarbeiter ein? Die Logistik ist bekanntlich ein mitarbeiterstarker Bereich. Von daher treten wir in diesen Risikokorridor ein, nehmen die Mitarbeiter, sage ich mal, auf die eigene Payroll, um dort auch eine gewisse Flexibilität dem Automobilhersteller bieten zu können. Das ist heute tatsächlich an der Tagesordnung. Wir müssen flexibel agieren, haben nicht mehr traditionelle 3-Schicht-Modelle 5 Tage die Woche, sondern wir müssen atmen mit der Produktion. Und das ist ein Mehrwert, den wir generieren

Das heißt, neben dem Thema der Kernkompetenz-Neudefinition, eine Risikoverteilung, aber auch gewisse Prozesse und Prozessschritte und Werkzeuge anbieten zu können, die der Automobilhersteller heute vielleicht nicht vorhält.

Sebastian Kainz: Könnte man daher sagen, Herr Dr. Ewig, dass sich da ein Stück weit ein Trend herauskristallisiert, sowohl für die Logistik-Zulieferer, aber natürlich auch für den OEM durch Ausverlagerung, Risikominimierung und so weiter?

Dr. Marcus Ewig: Ja sicherlich. Also sage ich mal, der Trend ist sichtbar. Der Trend ist aber auch geographisch unterschiedlich positioniert. Wir sind aus unserem Blick in Europa hier schon weit. Ich darf Ihnen Beispiele nennen, wo wir, sage ich mal, mit eigenen Mitarbeitern in einer Stärke von bis zu 800 Mitarbeitern die komplette Werkslogistik heute übernehmen. Das ist auch der Trend den wir in Europa sehr stark sehen. Also die europäischen Automobilhersteller folgen diesem Trend und versuchen immer mehr Kernkompetenzen zu verdichten. Und deswegen gibt es neue Spielräume für uns. In Amerika, wenn wir mal auf die andere Seite der Kugel schauen, da sehen wir momentan nicht erste, aber weitere Bestrebungen, auf diesen Prozess und diesen Trend weiter zu durchschreiten. Hier sehen wir persönlich auch noch viel Potenzial. Und wenn wir dann nach China blicken, wo wir auch aktiv sind mit verschiedenen Werken, dort sehen wir noch ein gewisses verhaltenes Vorgehen der chinesischen Automobilhersteller, sie möchten gerne aktuell noch alles selbst machen. Dort wo es Joint Venture Partner einer westlichen Struktur gibt, da gibt es gewisse Ansätze. Allerdings die kernchinesischen Hersteller sind da noch ein bisschen distanziert, aber sicherlich in den nächsten Jahren auch bereit, diesen Zug mit aufzuspringen. Von daher haben wir ein sehr, sehr großes Spielfeld, wo wir uns noch positionieren können. Aber wie gesagt, um die Frage konkret zu beantworten, der Trend ist sichtbar und er ist zwar sehr stark europäisch geprägt und es gibt aber viele Möglichkeiten, das weltweit auszugestalten.

Stefan Randak: Herr Dr. Ewig, die nächste Frage, schlussfolgend aus dem, was Sie uns gerade erzählt haben, wäre natürlich, wie sieht diese Unterstützung aus und wie ist sie organisiert und ist sie different, wenn wir auf die einzelnen OEMs gucken? Da hört man schon raus, dass Sie natürlich eine gewisse Branchenerfahrung haben.

Dr. Marcus Ewig: Da hört man schon raus, dass Sie natürlich eine gewisse Branchenerfahrung haben. Ja, also es ist ganz unterschiedlich von Automobilhersteller zu Automobilhersteller und die Unterstützung sieht dementsprechend auch unterschiedlich aus und ist unterschiedlich geprägt, so will ich es mal formulieren.

Wir haben Automobilhersteller, also sprich unsere Kunden, die mit konkreten Vorgaben, Prozesslayouts, Logistiklayouts, Wertströme und ähnliches auf uns zukommen, wo wir dann quasi noch einen Teilbereich der eigenen Gestaltung mit einfließen lassen können. Auf der anderen Seite haben wir andere Kunden, die uns sehr großen Freiraum geben, wo wir logistische Prozesse selbst definieren, mit Branchenkenntnis, mit Erfahrung, um dann auch diese Abläufe aufbauen zu können. Und deswegen ist die Unterstützung auch unterschiedlich geprägt. Zum einen sehr stark geclustert mit wenig Spielräumen und auf der anderen Seite Projekte, wo wir Logistikexpertise auch übergreifend der ganzen Rhenusgruppe mit einbringen können.

Stefan Randak: Jetzt schließe ich da gleich eine weitere Frage an. Was bevorzugen Sie denn daran? Ihr seid die Fachleute in der Automotiven Logistik. Wo glaubt ihr, habt ihr die größte Wertschöpfung für den Kunden, wenn mehr Freiraum ist oder wenn mehr klar vorgegeben ist?

Dr. Marcus Ewig: Das ist eine sehr, sehr schwierige Frage. Rein vom Papier her würden wir natürlich oder mögen wir es sehr gerne, wenn wir Prozesse selbst gestalten können, weil wir dann natürlich auch unsere Expertise sehr stark mit einfließen lassen können. Man muss aber offen sagen, dass wir natürlich sehr oft auch an IT-Systeme, an konkrete Abläufe der OEMs gebunden sind, sodass dieser Freiraum auch beschränkt ist, sodass man das in Teilbereichen nicht wirklich einfließen lassen kann. Daher muss man auch nochmal differenzieren. Was ich anfangs sagte, wir haben Projekte, sogenannte On-Campus-Projekte, wo wir direkt auf dem Werksgelände des Automobilherstellers sind. Dort sind die Themen meistens sehr beschränkt, was auch nachvollziehbar ist. Dort wo wir eigene Facilities haben, wir eigene Werke als Zulieferer haben, dort können wir auch unseren Spielraum und unsere Expertise viel stärker mit einbringen. Das macht meinen Kollegen meistens auch mehr Spaß, weil man selbst mitgestalten kann und nicht so eng in das Korsett eingespannt ist.

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„Betrachtet man Logistik im Bezug auf die Automobilbranche haben wir ja das ganze Thema der Inbound-Logistik, Supply Chain Management und das ganze Thema Outbound-Logistik. Wir konzentrieren uns auf logistische Abläufe innerhalb der Fabrik oder fabriknah mit unseren Kunden, die zu 99 Prozent Premium Automobilhersteller sind.“

Dr. Marcus Ewig

Stefan Randak: Vielleicht anschließend daran, Herr Dr. Ewig, welche Problemstellungen hat die Automotive Logistik aus Ihrer Sicht aktuell bzw. mit welchen Themen haben Sie aktuell am meisten zu kämpfen?

Dr. Marcus Ewig: Die Probleme, die wir heute haben, sind mannigfaltig. Das können Sie sich vorstellen und alles das, was wir so tagtäglich in der Presse lesen, hat natürlich auch einen gewissen massiven Einfluss auf uns. Also auf der einen Seite kämpfen wir auch, mit Fachkräftemangel, also mit einem klaren Mangel an Arbeitskräften. Und das muss man an der Stelle auch wirklich mal betonen. Wir haben in der Logistik Tätigkeiten, die sehr stark repetitiv sind, die jetzt nicht den großen Gestaltungsspielraum haben, sondern wir sind an Prozesse, Strukturen, an Taktzeiten und Ähnliches gehalten und gezwungen. Und in diesem Umfeld auch Mitarbeiter zu finden und den Mitarbeitern dann auch einen, wie es so schön heißt, Workspace zu bieten, wo sie sich wohlfühlen, das ist natürlich unsere zentrale Aufgabe, allerdings auch eine der wirklich großen Herausforderungen. Also gerade, wenn wir Projekte haben, größer 500, 600 Mitarbeiter, die alle montags morgens wieder zu motivieren, das ist schon eine Herausforderung, das muss man schon ganz klar sagen. Und deswegen legen wir neben der ganzen logistischen Expertise auch viel Wert auf das Thema Mitarbeiter-Training, Ausbildung, Weiterbildung, auch für einfachste Tätigkeiten, um dieses Thema letztendlich attraktiv zu machen.

Also, das Thema Kapazitätsmangel am Arbeitsmarkt spüren wir aktuell sehr stark und das ist auch ein klarer Hemmschuh der Entwicklung. Wir sagen heute teilweise Projekte ab, wobei wir wissen, dass wir in den Schmelztiegeln Stuttgart, München oder Ähnliches diese Menge an Mitarbeitern gar nicht mehr finden können, die diese Aufgaben letztendlich auch erfüllen.

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Dr. Marcus Ewig
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„Wir haben in der Logistik Tätigkeiten, die sehr stark repetitiv sind, die jetzt nicht den großen Gestaltungsspielraum haben, sondern wir sind an Prozesse, Strukturen, an Taktzeiten und Ähnliches gehalten und gezwungen. Und in diesem Umfeld auch Mitarbeiter zu finden und den Mitarbeitern dann auch einen, wie es so schön heißt, Workspace zu bieten, wo sie sich wohlfühlen, das ist natürlich unsere zentrale Aufgabe, allerdings auch eine der wirklich großen Herausforderungen.“

Dr. Marcus Ewig: Das zweite Thema und das ist auch jetzt keine Neuigkeit, wir leben natürlich auch von der Volatilität der Branche. Ich habe es vorhin schon mal kurz skizziert, wenn wir wenige Jahre zurückblicken in die goldenen Zeiten der Automobilproduktion, wo alle im Dreischichtbetrieb waren oder Zweischichtbetrieb, wo wir klare planerische Wochen hatten, wo wir wussten, okay, da ist Werksurlaub und da haben wir zwei Schichten, da gehen wir mal mit einer Ankündigung auf Dreischicht. Die Zeiten sind vorbei, das heißt, wir leben heute von einer extremen Flexibilität. Das müssen auch wieder die Mitarbeiter mitmachen und wir müssen natürlich unsere Modelle, Geschäftsmodelle, allerdings auch logistische Prozesse und Ähnliches auf diese Flexibilität einstellen. Dreischicht, Zweischicht, Einschicht, wieder Hochtakten, wieder Abtakten gemeinsam mit dem Kunden. Und das ist natürlich eine der großen Herausforderungen, die wir letztendlich haben und das natürlich auch auf einer internationalen Basis.

Wir haben heute aktiv ungefähr 55 Projekte mit OEMs weltweit am Laufen, tagtäglich. Und da braucht man auch einen gewissen Pragmatismus, um dieses Thema steuern zu können, denn Sie können sich nicht mit einem Micromanagement auf jedes einzelne Werk konzentrieren, sondern Sie brauchen klare, starke Führungsteams, die das auch clustern können, sodass wir dann auch uns fokussiert auf die Units konzentrieren, die vielleicht mal schwächeln oder die vielleicht mehr Support brauchen. Und das ist eine weitere Herausforderung, jetzt rein aus dem Management heraus, wie wir dieses Thema betreiben können.

Sie können sich vorstellen, wenn Sie heute als Provider, als Logistikprovider mit einem großen Premium OEM zusammenarbeiten, da haben Sie knallharte KPIs, die müssen Sie erfüllen und da gibt es kein Wenn und Aber, sondern die gilt es zu erfüllen und gleichzeitig müssen Sie schauen, dass Sie bei geringen Margen letztendlich auch noch Ihren Teil dafür realisieren können.

Und das ist so die dritte Herausforderung, die wir dort haben. Dann haben wir noch das Thema der Zukunftsperspektiven. Wir haben schon ein bisschen beleuchtet, dass da Wachstum ist, eben auch durch die Ausverlagerung. Genau, richtig. Aber ich glaube, da könnte man noch mal so einen Schwenk machen, weil wir betreiben ja Automobillogistik wie vor 100 Jahren.

Ganz ehrlich, wir haben heute Projekte, wo wir Schrauben in Kleinladungsträgern bekommen und unsere Aufgabe ist, den Kleinladungsträger zu nehmen und händisch in einen Großladungsträger zu kippen, Deckel drauf und dann nach Mexiko zu schicken. Wir müssen von der Zukunftsperspektive, auch vor dem Hintergrund mangelnder Arbeitskapazitäten, viel stärker in das Thema Automatisierung, in das Thema Robotik einsteigen. Da sehe ich auch einen klaren Mehrwert, den wir generieren können, wo wir perspektivisch stärker nach vorne denken müssen, wie wir das machen können. Das geht meistens nur mit einer Partnerschaft mit dem OEM selbst.

Also, wir haben Zukunftsperspektiven, Wachstum ist da, weil wir das auf einer internationalen Ebene schon sehen. USA als Wachstumsmarkt, China vielleicht in 10 Jahren. Aber gleichzeitig müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die Automotive Logistik in 10 bis 15 Jahren denken, weil das kann nicht mit 600 bis 700 Mitarbeitern funktionieren, das muss anders gehen.

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Stefan Randak: Herr Dr. Ewig, dann wollen wir noch mal bisschen in die Zukunft schauen. Welche Zukunftsperspektiven ergeben sich in der Automotive Logistik? Sie haben das ja schon mal etwas aufgezeigt, dass es da Wachstum gibt.

Jetzt haben Sie aber auch auf eine Problemstellung hingewiesen. Das heißt, wie sieht diese Zukunftsperspektive mit Wachstum und gleichzeitigem Kräftemangel aus und wie wollt ihr in der Logistikbranche das eigentlich lösen?

Dr. Marcus Ewig: Die Herausforderung ist für uns natürlich auch Motivation, die Zukunft mitzugestalten, und das soll jetzt kein Slogan sein, sondern das ist wirklich das, was uns tagtäglich umtreibt. Auf der einen Seite haben wir natürlich Wachstumspotenziale, die ich schon aufgezeigt habe, die sehr stark international geprägt sind, weil wir natürlich in Europa schon eine gewisse Stagnation auch von den Produktionskapazitäten sehen. Also von daher, wenn ich die Wachstumsperspektive einer Rhenus Automotive betrachten kann, dann geht es schon sehr stark international. Das ist auch das, was mich in den letzten drei, vier Jahren sehr stark umgetrieben hat. Also USA und China weiter aufzubauen. Und dort sehen wir Wachstumspotenziale im Kerngeschäft.

Auf der anderen Seite müssen wir uns aber die Frage stellen, wie betreiben wir Automobillogistik im Jahre 2030, im Jahre 2035. Und ganz offen gesprochen sind wir heute da teilweise noch sehr rudimentär unterwegs. Wir profitieren davon. Aber ob es wirklich notwendig ist, viele Teile aus großen Kisten in kleine Kisten zu bringen und die dann ans Band zu transportieren, das ist unser Tagesgeschäft. Aber ich glaube,wir müssen uns dort strategisch auch anders positionieren, gemeinsam mit unseren Kunden. Wir müssen Logistik neu denken. Das ist oft angesprochen, aber die Realisierung lässt meines Erachtens noch auf sich warten. Der Druck eines mangelnden Arbeitskräftemarktes erhöht den Bedarf an Automatisierung und Robotik in der Logistik. Diese Schwerpunkte haben wir uns vorgenommen, neben dem operativen Geschäft, auch genau in diese Nischen zu gehen, um zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt, wo man automatisieren kann und was wirtschaftlich sinnvoll ist.

Ein weiteres Thema ist die Suche nach neuen Geschäftsfeldern im Zuge der Transformation zur Elektromobilität. Dazu zählt nicht nur die Ladeinfrastruktur, sondern auch neue Dienstleistungen, die sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln könnten. Zum Beispiel haben wir in den letzten drei Jahren eine Zusammenarbeit mit der Remondes im Bereich der Battery Life Cycle Company (BLC) gestartet. Wir beschäftigen uns damit, was mit Batterien passiert, wie sie refurbished, recycelt oder weiter genutzt werden können. Diese Initiativen entspringen unserer eigenen Strategie, um neue Dienstleistungen anzubieten und uns besser auf die zukünftige Automatisierungswelle in der traditionellen Automobillogistik vorzubereiten.

Sebastian Kainz: Ich würde jetzt nochmal das Thema E-Mobilität aufgreifen,
weil Sie es auch gerade angesprochen haben. Wie ändert das Thema E-Mobilität vielleicht insgesamt das Ganze oder beeinflusst das ganze Thema Logistik aus Ihrer Sicht?

Dr. Marcus Ewig: Zum Thema Elektromobilität: Wenn Sie mir die Frage vor vier, fünf Jahren gestellt hätten, hätte ich gesagt, dass die Umstellung auf Elektrofahrzeuge die Werksstruktur und Prozessplanung deutlich verändern würde. Heute sehe ich jedoch, dass diese Veränderungen in der Komplexität der Modelle nicht so stark eingetreten sind, wie erwartet. Wir haben weiterhin die gleiche Variantenvielfalt, was uns auch zugutekommt. In Bezug auf die Logistik hat die Elektromobilität bisher keine großen Veränderungen gebracht.

Zukünftig könnte es jedoch sein, dass die Teilevielfalt abnimmt, was wir uns auch erhoffen. Eine Reduktion der Komplexität würde es ermöglichen, in Europa wettbewerbsfähige Fahrzeuge zu produzieren. Dies hätte natürlich auch Auswirkungen auf die Logistik, indem sie vereinfacht wird.

Zum momentanen Zeitpunkt Status Quo darf ich sagen, die Prozesse sind genauso komplex und genauso vielfältig wie in der Vergangenheit auch. Ob das in 15 Jahren anders ist, werden wir sehen. Wie gesagt, wir sind sehr eng im Kontakt auch zu chinesischen Herstellern. Insofern haben wir eine ganz andere Komplexität, viel geringer, weniger Variantenvielfalt. Und das ist vielleicht auch eine Antwort neben möglichen Subventionen aus staatlicher Seite, warum diese Fahrzeuge auch günstiger anzubieten sind. Das einfach nur mal so ein bisschen als Randnotiz, aber um die Frage jetzt noch mal abschließend zu beantworten. Komplexität gleich hoch und gleiches Setup an Themen, die wir auch in der Vergangenheit schon angeboten haben.

Stefan Randak:  Herr Dr. Ewig, mein Kollege Sebastian und ich bedanken uns sehr herzlich, dass Sie da waren. Auf alle Fälle vielen Dank, dass Sie hier waren und uns da Auskunft gegeben haben.

Dr. Marcus Ewig: Vielen Dank auch von meiner Seite. Hat sehr viel Spaß gemacht. Ich glaube, wir könnten noch zwei weitere Stunden diskutieren, aber wir haben versucht, das Wesentliche mal zusammenzufassen.

Sebastian Kainz: Danke nochmals. Vielen Dank, Herr Dr. Ewig. Dankeschön.

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