Expertentalk
Imelda Labbé: Transformation und Herausforderungen der Automobilindustrie
Im Expertentalk sprechen Stefan Randak und Imelda Labbé, Präsidentin des VDIK, über die Herausforderungen und Zukunftsperspektiven in der Automobilindustrie. Imelda Labbé erläutert die Prioritäten und Aufgaben des VDIK (Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller), die Zusammenarbeit mit dem VDA, die Entwicklung bei den internationalen Importeuren sowie die Anforderungen des VDIK an die Politik. Sie weist auf die Notwendigkeit von verbesserten Rahmenbedingungen und Bürokratieabbau für eine erfolgreiche Transformation der Automobilbranche hin.
- Was sind ihre Erwartungen an die neue Bundesregierung?
- Wie schätzt sie die Entwicklung der chinesischen Importeure in Deutschland ein?
Alle Informationen finden Sie im Expertentalk:
Im Folgenden finden Sie eine Abschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.
Stefan Randak: Liebe Frau Labbé, herzlich willkommen in München. Wir freuen uns sehr, dass Sie zu uns nach München in unser Aufnahmestudio gekommen sind.
Imelda Labbé: Vielen Dank, Herr Randak. Herzlichen Dank für die Einladung.
Stefan Randak: Sie haben im Dezember eine neue Aufgabe übernommen. Sie sind die Präsidentin des VDIK, dem Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller. Wir wissen natürlich, dass Sie im Vorfeld etwas anderes gemacht haben, wenngleich auch Automotive. Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie uns ein wenig Einblick in Ihre berufliche Vergangenheit gewähren würden.
Imelda Labbé: Ja sehr gerne. Ich bin in der Tat seit über 35 Jahren im Automobilgeschäft international unterwegs. Ich habe bei Opel angefangen und habe dann im Prinzip für alle Marken des General-Motors-Konzerns gearbeitet. In der Zeit war ich sehr breit aufgestellt. Ich habe im After Sales begonnen, habe aber auch in der Produktion sowie bei der Qualität im Werk gearbeitet. Ich habe sehr viel After Sales gemacht und dann auch mehrmarkenorientiert international – letztendlich dann für Opel auch die Verantwortung für den deutschen Markt direkt nach der Insolvenz von GM übernommen. Das war natürlich eine besondere Herausforderung, weil es damals darum ging, die Zukunft von Opel zu definieren. Und dann bin ich 2013 in den Volkswagen-Konzern gewechselt, habe Verantwortung für die Marke Skoda in Deutschland als Geschäftsführerin übernommen. Von dort aus habe ich das globale After Sales von Volkswagen geleitet und bin dann letztlich auch im Vorstand der Marke Volkswagen tätig gewesen. Ich habe dort die Verantwortung für Vertrieb, Marketing und After Sales bis Sommer 2024 Jahres übernommen. Ja und jetzt bin ich beim VDIK.
Stefan Randak: Frau Labbé, wenn Sie gestatten steigen wir gleich in die erste Frage ein. Welche Aufgaben hat der VDIK und wie erfolgt die Zusammenarbeit mit dem VDA?
Imelda Labbé: Der VDIK vertritt die Automobilimporteure in Deutschland, das heißt all die Marken, die nicht in Deutschland produzieren, wohlgleich in Deutschland ihre Fahrzeuge und ihren Service vertreiben. Damit stehen wir für 43 Prozent des automobilen Volumens mit über 1,2 Millionen Fahrzeugen, das heißt wir sind ein starker Verband. Und die Zusammenarbeit mit dem VDA ist in der Tat sehr intensiv. Ich kenne Frau Müller vom VDA schon aus meiner Tätigkeit bei Volkswagen. Und es ist ganz klar, dass die zentralen Themen, welche die Automobilindustrie und auch die Importeure im Moment beschäftigen, gemeinsame Themen sind, zum Beispiel die Transformation und das Thema Elektromobilität – Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Und dort sind wir sehr eng abgestimmt, denn gemeinsam sind wir in unserer Stimme natürlich stärker.
Stefan Randak: Welches sind die wichtigen Fahrzeugimporteure und welche Interessen haben diese eigentlich?
Imelda Labbé: Wichtig ist bei uns im Verband natürlich jedes Mitglied. Das Gute bei uns ist, dass wir sehr breit aufgestellt sind. Das heißt, wir haben die großen Marken der Konzerne, zum Beispiel auch des Volkswagen-Konzerns mit Skoda, mit Seat, mit der Marke Cupra. Wir haben die Franzosen mit Renault zum Beispiel. Wir haben die Koreaner mit Hyundai und Kia und wir haben jetzt natürlich auch chinesische Hersteller, die zunehmend im deutschen Markt Fuß zu fassen versuchen.
Stefan Randak: Wo sehen Sie Ihre zukünftigen Aufgaben im Allgemeinen und im Besonderen?
Imelda Labbé: Im Moment ganz akut die Thematik der automobilen Transformation. Das heißt, wir müssen bei allen Entscheidern – insbesondere in der Politik, insbesondere in Brüssel bei der Europäischen Kommission – unsere Stimme laut werden lassen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Übergang in eine CO2-freie Welt für die Automobilindustrie ermöglichen. Das heißt, wir müssen jetzt erst mal die Transformation in die Elektromobilität ebnen. Dafür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Darüber hinaus ist es für unsere Mitglieder auch wirklich wichtig, dass wir Bürokratie abbauen, Hürden abbauen, um am Standort Deutschland effektiv wirtschaften zu können. Und wir müssen auch für den Handel und seine vielen Mitarbeiter Rahmenbedingungen schaffen, die das Wirtschaften in Deutschland wirklich effektiv gestalten lässt.
Stefan Randak: Jetzt zu einer interessanten Frage, die uns schon seit Monaten verstärkt beschäftigt: Wie schätzen Sie die Entwicklung der chinesischen Importeure ein? Was macht BYD als sehr großer chinesischer Anbieter? Wir kennen die Themen Werksaufbau in Ungarn und in der Türkei. Wie sehen Sie die Situation?
Imelda Labbé: Wir hatten schon zu allen Zeiten Hersteller aus verschiedenen nationalen Räumen, aus dem asiatischen Bereich auch, die in Deutschland vertrieblich Fuß gefasst haben. Zu allen Zeiten waren das Ansätze mit günstigen Fahrzeugen und Ansätze mit guter Technologie. Und so würde ich jetzt auch den Ansatz der chinesischen Hersteller sehen. Natürlich bringen sie Innovation, insbesondere im elektromobilen Bereich. Aber ich bin überzeugt, dass auch unsere anderen Mitglieder diese Innovation jetzt auch sehr stark fördern. Das heißt wir werden einen guten Wettbewerb in Europa sehen. Und letztendlich gilt es natürlich, neben Technologie vor allem das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und das ist für alle, die hier wirtschaften, eine große Aufgabe.
„Wir sehen im Moment, dass die Kundennachfrage nach vollelektrischen Fahrzeugen beziehungsweise nach Hybridfahrzeugen nicht dem entspricht, was die CO2-Flottengrenzwerte unseren Mitgliedern auferlegen würden. […] Und deshalb sagen wir ganz klar, CO2-Strafen machen keinen Sinn zum jetzigen Zeitpunkt.“
Stefan Randak: Sie hatten vorhin bereits das Thema angesprochen. Es ist äußerst interessant und wir freuen uns, dass wir das mit Ihnen auch kurz ansprechen dürfen. Das Erreichen der CO2-Flottengrenzwerte in der EU beschäftigt alle. Wir kennen mittlerweile auch die Aussagen einiger Politiker im Zuge des Wahlkampfs. Der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer, hat vor kurzem gesagt, man sollte die Grenzwerte aussetzen. Wie sieht der VDIK die Angelegenheit?
Imelda Labbé: Ja, wir haben bei unserer Jahrespressekonferenz Anfang Dezember hierzu sehr eindeutig Position bezogen. Wir sehen im Moment, dass die Kundennachfrage nach vollelektrischen Fahrzeugen beziehungsweise nach Hybridfahrzeugen nicht dem entspricht, was die CO2-Flottengrenzwerte unseren Mitgliedern auferlegen würden. Und wenn die Kundennachfrage aus nachvollziehbaren Gründen nicht da ist, weil nämlich die Rahmenbedingungen für Elektrofahrzeuge im Moment noch nicht ausreichend geschaffen wurden, dann sind wir der Meinung, dass es keinen Sinn macht, die Automobilwirtschaft mit Strafzahlungen zu belegen. Denn letztendlich ist im Moment in dieser Transformation gerade Investitionskraft gefragt. Diese Investitionskraft brauchen alle, um diese Transformation mit Technologie auch zu belegen und Zukunft zu gestalten. Und deshalb sagen wir ganz klar, CO2-Strafen machen keinen Sinn zum jetzigen Zeitpunkt. Wir sagen, man muss das sehr eng verfolgen, und wir freuen uns natürlich auch, wenn wir sehen, dass gerade jetzt im Bundeswahlkampf alle Parteien diese Thematik aufgreifen. Wir freuen uns, dass dieses Thema jetzt auch in der Meinungsbildung endlich das Gewicht bekommt, das es wirklich braucht. Und wir sagen, hier ist wirklich ganz dringender Handlungsbedarf gegeben.
Stefan Randak: Alles nachvollziehbar, auch aus meiner Sicht alles nachvollziehbar. Dann unsere letzte Frage, die sich automatisch da anschließt. Wir erhalten ja eine neue Bundesregierung. Was wünschen Sie sich denn und was wünscht sich der Verband von einer neuen Bundesregierung?
Imelda Labbé: Ein gutes Verständnis für das, was der Kunde will. Das heißt, der Kunde steigt auf die Transformation ein, wenn Mobilität bezahlbar ist, auch im Unterhalt bezahlbar ist und wenn Elektromobilität insbesondere so realisierbar ist, dass auch Rahmenbedingungen wie Parkmöglichkeiten, Lademöglichkeiten, besondere Zugänge zu Innenstädten – wenn diese Möglichkeiten auch geschaffen werden. Wir wünschen uns von der Bundesregierung mit ihrer Stimme in Brüssel natürlich auch, dass sie sich für diese Anforderungen der Kunden stark macht. Und zum Zweiten wünschen wir uns ganz dringend, dass sie sich stark macht für Bürokratieabbau und für gute wirtschaftliche Gesamtrahmenbedingungen, denn auch die werden von unseren Mitgliedern hier in Deutschland dringend gebraucht.
Stefan Randak: Frau Labbé, vielen Dank, dass Sie hier waren und dass Sie sich die Zeit genommen haben. Danke für die Beantwortung unserer Fragen. Für Ihre neue Aufgabe wünschen wir Ihnen weiterhin alles Gute und viel Erfolg.
Imelda Labbé: Vielen Dank, Herr Randak. Sehr gerne, es hat mich gefreut.