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Expertentalk

Herausforderungen und Potenziale der Industrie 4.0

Welche Handlungsfelder müssen Unternehmen jetzt auf der Agenda haben?

Darüber spricht Atreus Direktor Bernhard Gruber im Expertentalk mit Johann Hofmann.

Im Atreus Expertentalk zum Thema Industrie 4.0 diskutieren Bernhard Gruber und Johann Hoffmann die grundlegenden Aspekte dieser digitalen Transformation in Unternehmen. Hoffmann, ein renommierter Innovator auf diesem Gebiet, betont die Notwendigkeit einer umfassenden Strategie und Architektur, um Industrie 4.0 erfolgreich umzusetzen. Trotz der langen Diskussion um Industrie 4.0 sehen viele Unternehmen sich selbst nur auf einem befriedigenden Digitalisierungsgrad. Erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Potenziale dieser Industrie-Revolution in diesem Video:

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Johann Hofmann
Industrie 4.0 Experte
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„Es geht darum, die Produkte zu digitalisieren, dann geht es darum, die Prozesse zu digitalisieren. Und das dritte Thema ist, neue Geschäftsmodelle daraus ableiten. Das sind die drei Themen, wie man Industrie 4.0 aufwecken kann.“

Johann Hofmann
Industrie 4.0 Experte

Im Folgenden finden Sie eine Abschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.

Bernhard Gruber: Liebe Zuseher, ich darf Sie heute recht herzlich zu unserem Expert-Talk zum Thema Industrie 4.0 begrüßen. Heute haben wir einen renommierten Sprecher und Innovator im Thema Industrie 4.0 eingeladen. Johann Hoffmann ist zu uns gekommen. Danke, Herr Hoffmann, dass Sie mit mir heute den Expert-Talk durchführen. Wir werden uns heute dem Thema Industrie 4.0 vertiefend begegnen.

Johann Hoffmann hat schon sehr früh bei seinem Arbeitgeber der Maschinenfabrik Rheinhausen das Thema der Digitalisierung vorangetrieben. Er ist sogar mit dem Award für Industrie 4.0 ausgezeichnet worden und ist wirklich ein Kenner der Materie. Herr Hoffmann, vielleicht wollen Sie sich auch noch selber kurz vorstellen, damit das unsere Zuseher auch noch einmal ein vertieftes Bild über ihre Kompetenz erwerben können.

Johann Hofmann: Gerne, sehr früh heißt für mich 1989. Nach meinem Maschinenbaustudium habe ich in der Maschinenfabrik Rheinhausen in Regensburg als NC-Programmierer begonnen. Ich bin dort nach einem Jahr Leiter der NC-Programmierung geworden und habe vom ersten Tag an mit großer Leidenschaft erstmal die Programmierabteilung digitalisiert und dann die gesamte Fertigung digitalisiert. Und 20 Jahre später kam der allererste Industrie 4.0 Award, wurde der allererste Award vergeben. 2011 kam der Begriff heraus und 2013 wurde der erste Preis ausgelobt. Da haben sich die ganz großen Firmen beworben und wir auch. Und ich habe die Jury zwei Tage bei uns in der Firma gehabt und habe ihr klein, klein gezeigt, was wir alles geschaffen haben. Und wir haben dann den Preis gewonnen damals, die allerersten. Und da bin ich heute noch stolz darauf, weil es eben der erste jemals vergebene Industrie 4.0 Award war. Für Unsere digitale Hochleistungsfertigung.

Bernhard Gruber: Perfekt. Gratuliere ich Ihnen auch im Nachhinein noch, aber das muss man zuerst schaffen. Industrie 4.0, Herr Hoffmann, was ist das Leistungsversprechen, wenn Unternehmen Industrie 4.0 in der gesamten Breite und auch in der gesamten Tiefe wirklich im Unternehmen umsetzen?

Bernd Hofmann: Also auf höchster Flugebene muss man erstmal drei Begriffe unterscheiden. Es geht darum, die Produkte zu digitalisieren, dann geht es darum, die Prozesse zu digitalisieren. Also wie arbeite ich? Das ist mein Thema, Prozesse digitalisieren. Und das dritte Thema ist, neue Geschäftsmodelle daraus ableiten. Das sind die drei Themen, wie man Industrie 4.0 aufwecken kann. Und darunter, unter diesen drei Themen gibt es natürlich viele, viele unterschiedliche Themen. Das heißt, wenn ich das richtig verstehe, dann geht es darum, neue Umsatzpotenziale zu arbeiten, mit neuen Produkten effizienter zu werden. Das heißt, auch Kosten zu sparen. Mit neuen Prozessen? Und wahrscheinlich auch attraktiv als Arbeitgeber zu sein. Auf jeden Fall, ja. Zu mir hat mein Geschäftsführer gesagt, wenn ich damals vor 20 Jahren eine Maschine gekauft habe mit einem Bildschirm, wollte keiner hin. Wenn ich heute eine Maschine kaufe, ohne Bildschirm, will auch keiner hin. Weil man will natürlich einen modernen Arbeitsplatz. Die Zeiten haben sich gedreht.  

Bernhard Gruber: Also das ist klar, Industrie 4.0 ist ein wichtiges Thema und wahrscheinlich auch der Priorität von vielen Geschäftsführern auch ganz oben.

Johann Hofmann: Leider nicht. Viele sind mit der Digitalisierung noch nicht da, wo sie eigentlich sein sollten, weil das Thema nicht die Priorität hat, dass sie es eigentlich haben sollten. Genau, das wäre auch meine Frage gewesen. Sie sehen ja in Ihrer Tätigkeit jetzt auch als Impulsgeber, als Advisor, als Berater viele Unternehmen. Wo steht das Thema Industrie 4.0, nachdem der Begriff ja vor gut 13 Jahren definiert wurde in Deutschland, wo steht das? Da gab es ja viele Umfragen. Die Auswertungen liegen jetzt gerade vor. Über 4000 Unternehmen wurden befragt, wo schätzen sie sich selbst ein? Und das Ergebnis, alles in der Meinung, sie treten seit Jahren auf der Stelle. Sie schätzen ihren Digitalisierungsgrad auf maximal befriedigend ein. Und das ist auch die Erfahrung, die ich bei meinen Workshops und bei meinen Impulsverträgen in den Firmen in Deutschland, Österreich und Schweiz gewinne. Ich habe eine Vermutung, warum das so ist, aber fragen Sie doch erstmal weiter.

Johann Hofmann
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„Ich habe die letzten Jahre immer wieder erlebt, dass viele nach der Bestellnummer Industrie 4.0 gefragt haben, nach dem Preisschild und nach dem Beipackzettel, also nach dem Inhaltsverzeichnis, was kriege ich dafür? Das kann man bei Industrie 4.0 ja gar nicht fertig kaufen, sondern das muss man sich Schritt für Schritt erarbeiten.“

Johann Hofmann

Bernhard Gruber: Genau, aber das wäre logischerweise eine wichtige Frage. Was ist Ihre Vermutung, was ist Ihre Beobachtung, warum das noch ein bisschen zäh ist? Weil über die Jahrzehnte immer mehr Themen dazugekommen sind.

Johann Hofmann: Das ging ja damals los, vor Jahrzehnten mit Automatisierung ist immer noch ein Thema. Dann kam Lean Management, also Prozesse schlank machen, dann kam die Digitalisierung, dann kam Nachhaltigkeit, jetzt kommt KI und jetzt das allerneueste Thema ist die Matrix-Produktion. Das ist eigentlich das Leistungsversprechen von Industrie. Vor zehn Jahren wurde das schon erzählt bei großen Konferenzen. Aber jetzt sind wir von der Technik her so weit, dass eine Matrix-Produktion tatsächlich realisierbar ist. Vorher hatten wir ja immer die Werkstattfertigung, die Fließfertigung oder eine Segmentfertigung. Das sind alles Lean-Möglichkeiten. Die konnte man alle auch mit Papier und Kopfwissen betreiben. Da war die Digitalisierung zwar sehr hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Aber bei der Matrix-Produktion, wo jetzt die ersten großen Firmen tatsächlich schon Erfolge feiern, die wird nur funktionieren, wenn man vorher alles automatisiert hat, schlank gemacht hat, digitalisiert hat. 

Bernhard Gruber: Das heißt, Sie sind ja befürworter dafür, Dinge einfach mal fertig zu machen, abzuschließen, bevor das nächste Ding angegangen wird bzw. das nächste Schwein durchs Dorf getrieben wird.

Johann Hofmann: Fertig machen ist so ein Thema, bei dem ich nicht abnicken kann, weil bei diesem Thema Automatisierung, Lean und Digitalisierung ist man eigentlich nie fertig. Das ist ein immerwährender Prozess, aber man muss es auf ein hohes Niveau bringen, damit man weiterkommt. Wenn man unten mit 20, 30 Prozent versucht, dann den nächsten Schritt zu gehen, zum Beispiel die Matrix-Produktion, das wird nicht klappen.

Bernhard Gruber: Ok, wunderbar. Jetzt haben wir über das Management gesprochen, wie man sowas im Unternehmen antrickern kann, vorantreiben kann. Wenn wir ein bisschen auf die technische Ebene eingehen, welche Technologien sind notwendig, um Industrie 4.0 im Unternehmen wirklich umsetzen zu können?

Johann Hofmann: Also das ist eine umfassende Frage. Auf meiner Webseite johannhofmann.info gibt es unter anderem auch den Reiter Industrie 4.0 und dort drunter gibt es das Industrie 4.0 Lexikon. Dort habe ich mittlerweile 168 Begriffe auf meine Art einfach anders erklärt. Da sieht man schon mal 168 Begriffe und das ist noch längst nicht alles, was man unter Industrie 4.0 versteht. Also es ist sehr vielfältig und da muss man Schritt für Schritt mit der Materie vertraut machen. Und die Kunst der kleinen Schritte auch beherrschen, um vorwärts zu kommen. Das heißt, man kann nicht einfach zu einem Lieferanten gehen, zum Beispiel ERP-Lieferanten gehen, und sagen, ich kaufe eine Industrie 4.0 ein, sondern man braucht eine Gesamtstrategie, eine Gesamtarchitektur und man braucht wahrscheinlich auch mehrere Partner, die gemeinsam mit dem Kunden das Thema vorantreiben. Mehrere Partner, das ist jetzt ein Schichtwort. Ich habe die letzten Jahre, jetzt ist es Gott sei Dank nicht mehr so extrem, immer wieder erlebt, dass viele nach der Bestellnummer Industrie 4.0 gefragt haben, nach dem Preisstil, nach dem Preisschild und nach dem Beipackzettel, also nach dem Inhaltsverzeichnis, was kriege ich dafür? Das kann man bei Industrie 4.0 ja gar nicht fertig kaufen, sondern das muss man sich Schritt für Schritt erarbeiten.

 

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„Erfahrung ist meiner Meinung nach das Allerwichtigste, weil man einfach bestimmte Fehler nicht mehr wiederholt. Also Digitalisierung ist wie ein Minenfeld, da sind ständig Tretminen. Und ohne Erfahrung tritt man ständig auf eine Tretmine. Und mit Erfahrung findet man den Weg durch das Minenfeld.“

Johann Hofmann

Bernhard Gruber: Wunderbar. Schritt für Schritt erarbeiten, Sie machen ja Impulsvorträge, Sie helfen Unternehmen, wie gehen Sie da konkret in der Kundensituation vor?

Johann Hofmann: Sie haben mich zu Beginn Berater genannt, das ist ein Begriff, der mir eigentlich gar nicht gefällt, weil ich war nie Berater im klassischen Sinn, ich bin Maschinenbauingenieur, habe mein ganzes Berufsleben bei der Maschinenfabrik in Hessen verbracht. Wir haben dort eine ganz tolle Software entwickelt für die Zerspanung und haben diese Software in Deutschland, Österreich, Schweiz bei vielen Unternehmen eingeführt und darüber hinaus habe ich viele andere Unternehmen mit einem Workshop in die digitale Welt geführt, mit dem Wissen, das ich da aufgebaut habe. Aber nie so als klassischer Berater mit Hochglanzfolien, sondern mit dem Wissen als Ingenieur, was ich da so erlebt habe. Und da ist dieser Impulsvertrag jetzt eigentlich meine beste Waffe, möchte ich es fast nennen.

Ich werde von Unternehmen eingeladen, wenn sie zum Beispiel eine Führungskreisssitzung haben, wird dann zwei Stunden durch die Fertigung geführt. Ich schaue mir die Sachen an, wo die sehr stolz drauf sind, ich schaue mir die Sachen an, wo sie große Probleme haben, legt dann den Finger in die Wunde, kriegt dann eine Stunde Zeit, meinen vorhandenen Vortrag, den ich dabei habe, anzupassen an das Gesehene, häufig darf ich auch noch Fotos machen, die ich nur für diesen Vortrag verwende, also packt dann die passenden Fotos in meinen Vortrag dazu, schaffe ich auf eine Stunde und nach einer Stunde kriegt dann der oberste Führungskreis einen Impulsvertrag mit sehr, sehr vielen Stellen, die genau zu den Gesehenen passen und die kriegen dann eine richtige Diskussion, einen richtigen Diskussionsanfall nach diesem Impulsvertrag, weil dann wirklich viele Ideen aufgehen, wo die dann im Nachgang, wenn ich schon da weg bin, dann ins Diskutieren kommen und darüber nachdenken, wie sie das bereits Geschaffene auf das nächste Level führen. Und wenn man dann noch mehr anzapfen will von meinem Wissen, dann kann man eben auch diesen zweitägigen Workshop buchen, wo man dann eine Maßnahmenliste erarbeiten und eine Sofortliste, wo dann auch sofort ein Kümmerer eingetragen wird bei diesen Sofortpunkten, wo dann wirklich ganz konkret sofort ab dem nächsten Tag weitergearbeitet werden kann. Und so ist das eine sehr schöne Möglichkeit, wo ich mein gesamtes Wissen aus meinem gesamten Berufsleben hoch verdichtet weitergeben kann, mit sehr geringem Aufwand für die Firmen, aber mit großem Nutzen.

Bernhard Gruber: Stichwort Kümmerer beziehungsweise Verantwortung: wer trägt im Unternehmen die Verantwortung für die Implementierung Industrie 4.0? Ist es der IT-Chef, ist es der Werksleiter, ist es die Geschäftsführung, wer ist es?

Johann Hofmann: Also das ist tatsächlich ein Thema, das von oben herab erstmal gewollt werden muss. Und dann muss natürlich von unten oder von der mittleren Führungsebene das auch umgesetzt werden. Aber der Impuls muss von oben ausgegeben werden, weil man braucht dafür Geld und man braucht dafür Zeit. Und da muss von oben die Entscheidung kommen. Ich muss das Wollen.

Bernhard Gruber: Wenn Unternehmen nicht so viel Erfahrung haben mit dem Thema der Industrie 4.0-Implementierung, anders als in Ihrem Fall, wo Sie einfach schon über Jahrzehnte lang diese Erfahrung im Unternehmen gesammelt haben, macht es aus Ihrer Sicht auch Sinn, externe, erfahrene Interimsmanager an Bord zu nehmen, die gemeinsam mit dem Unternehmen, mit der Geschäftsführung, mit der Werksleitung, mit der IT-Leitung diese Projekte vorantreiben?

Johann Hofmann: Erfahrung ist meiner Meinung nach das Allerwichtigste, weil man dann einfach bestimmte Fehler nicht mehr wiederholt. Also Digitalisierung ist wie ein Minenfeld, da sind ständig Tretminen. Und ohne Erfahrung tritt man ständig auf eine Tretmine. Und mit Erfahrung findet man den Weg durch das Minenfeld.

 

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„Ich habe einen Vortrag entwickelt, den habe ich genannt, “Die 5 Naturgesetze der Digitalisierung”. Und darum hat ein Physiker zu mir gesagt, Herr Hoffmann, das sind keine Naturgesetze. Aus Sicht eines Physikers sind das natürlich keine Naturgesetze. Aber für mich, der ein Leben lang digitalisiert hat, fühlt sich das quasi an wie ein Naturgesetz. Und wer sich an diese 5 Themen hält und sich daran orientiert, bei denen werden die Digitalisierungsprojekte geschmeidiger laufen und sie werden nicht scheitern.“

Johann Hofmann

Bernhard Gruber: Wenn Sie so ein kleines Kompetenzprofil für die Implementierung oder für den Projektmanager einer Implementierung Industrie 4.0 kurz beschreiben, welche Fachkompetenzen sollte er mitbringen, beziehungsweise welche persönlichen Kompetenzen sollte er mitbringen?

Johann Hofmann: Also ich habe das immer so empfunden, es geht auch um MES, Manufacturing Execution Systeme, unterhalb dem ERP-System. Ich habe das immer so empfunden, es ist kein IT-Projekt, obwohl es manche als IT-Projekt aufsetzen. Es ist vielmehr ein Maschinenbauprojekt oder ein Produktionsprojekt, also Produktionsfachleute sind hier federführend wichtig und holen sich zusätzlich die Unterstützung der IT. Aber wenn das federführend durch der IT gemacht wird und dann nicht auf den Maschinenbauerthemen Wert gelegt wird, dann läuft es in die falsche Richtung.

Das ist so meine Einschätzung. Ich habe übrigens einen Vortrag entwickelt, den habe ich genannt, die 5 Naturgesetze der Digitalisierung. Und darum hat ein Physiker zu mir gesagt, Herr Hoffmann, ich finde das zwar gut, was Sie da machen, aber Sie werden von mir niemals einen Like kriegen, weil das sind keine Naturgesetze. Aus Sicht eines Physikers natürlich sind das keine Naturgesetze. Aber für mich, der ein Leben lang digitalisiert hat, fühlt sich das quasi an wie ein Naturgesetz. Und wer sich an diese 5 Themen hält und sich daran orientiert, bei denen werden die Digitalisierungsprojekte geschmeidiger laufen und sie werden nicht scheitern. Das traue ich mir mittlerweile garantieren. Das ist die Quintessenz meines gesamten Berufslebens.

Bernhard Gruber: Können Sie uns nochmal kurz diese 5 Gesetze sagen?

Johann Hofmann: Also es fängt damit an, einen schlechten Prozess nicht zu digitalisieren. Also Lean Management ist die Grundvoraussetzung der Digitalisierung. Ich muss meinen Prozess erst klar und schlank machen und Personen unabhängig machen, bevor ich ihn digitalisiere. Und viele versuchen ja immer irgendwelche Abkürzungen oder irgendwelche Trampelpfade digitalisiert zu bekommen. Das wird immer scheitern. Das nächste Thema sind die Stammdaten. Also viele versuchen mit unverständlichen oder fehlerhaften Stammdaten eine Digitalisierung hinzukriegen. Und das Pareto Prinzip 80-20, das die Ingenieure sehr gerne anwenden, ist häufig auch gut, aber nicht bei den Stammdaten. Stammdaten müssen zu 100% vollständig und fehlerfrei sein, weil dann die MES-Systeme und die KI mit diesen Daten was machen können. Und wenn die Stammdaten nur 99% vollständig sind, dann fehlt immer irgendwo etwas und dann steht hinten das Ergebnis nicht. Also man muss bereit sein, Stammdaten mal vollständig zu digitalisieren. Das ist auch ein bisschen vergleichbar mit Telefonbuchabtippen. Das will keiner machen. Aber trotzdem muss das einmal gemacht werden. Und wenn man dann über den Berg ist, dann muss man auch mit einer Überwachungssoftware dafür sorgen, mit dem Health Monitoring, dass die Stammdaten nicht wieder schlechter werden. Sonst ist die Arbeit umsonst gewesen. Das ist übrigens keine Raketenwissenschaft, das Health Monitoring der Stammdaten. Also das war der zweite Punkt.

Der dritte Punkt ist, die Konnektivität im Maschinenpark stabil und verlässlich herzustellen. Das heißt 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr müssen die Maschinen konstant Daten liefern und Daten entgegennehmen können. Wenn sie immer wieder Datenlinks haben, dann werden die Ergebnisse immer falsch sein, weil sie mit falschen Daten weiterarbeiten oder die Maschinen mit falschen Daten füttern. Und eine stabile Datenverbindung hinzukriegen ist mit einem historisch gewachsenen Maschinenpark eine gewisse Kunst. Das ist auch keine Raketenwissenschaft, das ist alles machbar. Aber man kommt immer wieder auf ganz unvorhergesehene Probleme. Die Mechatroniker brauchen manchmal drei Stunden und manchmal zwei Wochen, bis sie so eine alte Maschine stabil vernetzt kriegen. Und hier frühzeitig aufzugeben und mit halbfertigen Vernetzungslösungen Daten auslesen und die Daten dann weiterverwenden, gibt immer Probleme. Also das war der dritte Punkt.

Und der vierte Punkt. Nicht nach der eierlegenden Wollmilchsau Ausschau halten. Viele versuchen ja mit einer Software, meistens mit ERP, alles zu digitalisieren und scheitern dann auch. Man muss bereit sein, ein MES-System, das sich mittlerweile zu einem MOM-System, Manufacturing Operations Management System, weiterentwickeln muss. Also nicht nur ausführen, execution, sondern auch regeln. Also man muss bereit sein, solche Assistenzsysteme mit einzusetzen zusätzlich zum ERP-System, sonst wird es auch wieder nichts.

Und wenn man die vier richtig gemacht hat und das fünfte falsch macht, dann wird es auch nichts. Weil das fünfte ist das allerwichtigste, Menschen mitnehmen. Ich habe mittlerweile sehr viel Schnee gesehen, sage ich immer. Ich kenne viele erfolgreiche Projekte und ich kenne ein paar gescheiterte Projekte und ich kenne ein paar notleidende Projekte. Und das waren immer die fünf Themen. Und häufig war es einfach so, dass man Menschen nicht mitgenommen hat, sondern abgeholt. Wenn ich immer höre, Menschen abholen, das ist schon viel zu spät. Dann hat man sie nämlich schon irgendwo stehen gelassen. Man muss den Maschinenbediener, den Vorarbeiter, den Meister von Start weg in so ein Projekt integrieren. Zum Beispiel in diesen Workshops, den ich da gerne mache. Dann sind die von Anfang an mit dabei und helfen mit dazu ihr Wissen digital zu machen. Und dann werden solche Projekte auch gelingen.

Also das waren jetzt mal die fünf Themen. Da kann ich natürlich drei Stunden genauer darüber erzählen. Im Impulsvertrag kommt das ungefähr 30 Minuten vor, wo ich dann Fotos mache und Beispiele zeige, wo man was falsch machen kann und wie man es richtig machen kann.

Bernhard Gruber: Herr Hoffmann, ich bedanke mich. Das waren wirklich super Insights aus der Praxis, nämlich aus der wirklich gelebten Praxis und nicht aus irgendwelchen Powerpoint Folien. Ich bedanke mich für den Experttalk. Liebe Zuseher, ich hoffe der Experttalk war genauso wertvoll für Sie. Wenn Sie Herrn Hoffmann selber beim im Unternehmen erleben möchten, kommen Sie gerne auf mich zu.

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