

Expertentalk
Fünf Erfolgsfaktoren für Digitalisierungsprojekte
Wie gelingen Digitalisierungsprojekte?
In diesem Expertentalk diskutieren Atreus Direktor Bernhard Gruber und Johann Hofmann, Strategischer Berater & Keynote Speaker über Digitalisierung. Johann Hofmann stellt fünf Faktoren vor, die den Erfolg von Digitalisierungsprojekten maßgeblich beeinflussen. Zudem spricht er über die konkrete Umsetzung, Schwierigkeiten und Herausforderungen, die viele Unternehmen auf ihrem Weg Richtung Digitalisierung begegnen.

„Ich habe mittlerweile über 500 verschiedene Firmen besucht und wenn deren Digitalisierungsprojekte schlecht liefen oder gescheitert sind, waren immer die gleichen fünf Themen ausschlaggebend. Wenn man sich an diese fünf Punkte, an diese fünf Hebel hält, dann kommen Digitalisierungsprojekte ins Laufen und werden nicht scheitern.“
Im Folgenden finden Sie eine Abschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.
Bernhard Gruber: Liebe Atreus Zuseherinnen und Zuseher, ich darf Sie heute wieder zu einem weiteren Expertentalk begrüßen. Das Thema heute ist Effizienzsteigerung in der Produktion mit Digitalisierungsmöglichkeiten. Dafür habe ich wieder Johann Hofmann eingeladen. Danke Herr Hofmann, dass Sie wieder zu uns gekommen sind. Vor einem Jahr haben wir über die fünf Naturgesetze der Digitalisierung gesprochen, darüber werden wir sicher heute auch wieder kurz sprechen. Aber die Dinge entwickeln sich ja weiter und deswegen gibt es heute einen zweiten Expertentalk.
Johann Hofmann: Vielen Dank für die Einladung. Die Dinge entwickeln sich dramatisch schnell weiter. Darum finde ich es umso besser, dass wir uns heute ein zweites Mal treffen können, um einen ganz neuen Blickwinkel heute mit reinzubringen.
Bernhard Gruber: Produktion in Deutschland – zahlt sich das überhaupt noch aus? Die Energiepreise gehen nach oben, die Arbeitskosten gehen nach oben. Die Rohstoffe kommen ohne dies nicht von Deutschland. Müsste man nicht sagen, die Industrie in Deutschland ist nicht mehr aufrechtzuerhalten? Herr Hofmann, wie sehen Sie das aus Ihrer langjährigen Erfahrung, selber als Manager und jetzt auch als Berater, wo Sie ja mit vielen Produktionsunternehmen sprechen?
Johann Hofmann: Ja, das ist eine ganz entscheidende Frage, vielleicht sogar die entscheidendste Frage für einen Geschäftsführer, der eine Produktion in Deutschland betreiben will. Meine Einschätzung ist folgende: Das ist nur noch dann möglich, wenn die Firma wirklich hocheffizient alle Möglichkeiten der Digitalisierung, künstliche Intelligenz und all die weiteren Themen, über die wir heute noch sprechen, nutzt. Wenn das alles zusammen einen tollen Produktionsprozess ergibt, um effektiv produzieren zu können, sonst ist man nicht mehr konkurrenzfähig.
Bernhard Gruber: Okay, das heißt, wir müssen ansetzen, wir müssen uns weiterentwickeln. Die fünf Naturgesetze – wenn Sie das vielleicht noch einmal den Zuseherinnen und Zusehern ins Gedächtnis rufen könnten: Über was haben wir vor einem Jahr gesprochen? Dann werden wir natürlich auch darüber sprechen, wie sich Ihr Modell weiterentwickelt hat.
„Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten ein gemeinsames Zielbild zu entwickeln. Untersuchungen zeigen, dass die Digitalisierung in Deutschland auf der Stelle tritt, es gibt viele Umfragen, die das belegen.“
Johann Hofmann: Jetzt ist natürlich der Begriff Naturgesetze vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen. Ich habe ihn damals deswegen gewählt, weil ich nach damals 35 Jahren Erfahrung im Rückblick fünf Themen lokalisiert habe. Immer wenn ein Digitalisierungsprojekt schlecht lief oder gescheitert ist, waren es immer die gleichen fünf Themen. Ich habe mittlerweile über 500 verschiedene Firmen besucht und habe über deren Projekte gesprochen. Deswegen habe ich das damals die fünf Naturgesetze der Digitalisierung genannt. Mittlerweile sage ich dazu die fünf Hebel der Digitalisierung, weil ein Naturgesetz ist es natürlich tatsächlich nicht. Aber für mich, der sein Leben lang nur digitalisiert hat, fühlt es sich quasi wie ein Naturgesetz an. Wenn man sich an diese fünf Punkte, an diese fünf Hebel hält, dann kommen Digitalisierungsprojekte ins Laufen und werden nicht scheitern.
Das erste ist: Prozesse vorher digitalisieren und konsequent klären und personenabhängige Prozesse lassen sich nie vernünftig digitalisieren. Umso wichtiger ist es, Prozess klar zu ziehen mit Lean Management.
Das zweite ist: Stammdaten zu 100 Prozent vollständig und fehlerfrei digitalisieren, nur dann kann Software und KI vernünftig arbeiten.
Der dritte Punkt ist: die Konnektivität im Brownfield 24/7 sicherstellen. Historisch gewachsene Maschinen müssen rund um die Uhr stabil Daten liefern, sonst greift die KI immer wieder in Datenlecks und das ergibt immer wieder Probleme.
Der vierte Punkt: Nicht nach der eierlegenden Wollmilchsau suchen. Viele versuchen, alles mit dem ERP-System zu digitalisieren, aber man braucht spezialisierte Systeme.
Und der fünfte Punkt: Mitarbeiter von Anfang an mitnehmen.
Wenn man diese fünf Punkte beachtet, dann kommt man schon sehr weit, aber noch nicht ans Ziel. Und über diesen zusätzlichen Aufwand, um wirklich ins Ziel zu kommen, wollen wir ja heute reden.
Bernhard Gruber: Herr Hofmann, die fünf Punkte sind ja verständlich für alle Beteiligten. Aber warum setzen das so wenige Unternehmen konsequent um? Was ist die Root Cause, warum Ihre Botschaften nicht immer ankommen und Unternehmen das nicht konsequent umsetzen können?
Johann Hofmann: Nehmen wir mal den zweiten Punkt: Stammdaten zu 100 Prozent vollständig halten. Das ist eine nervige Angelegenheit. Wer will Stammdaten pflegen? Es fühlt sich an wie ein Telefonbuch abtippen, es dauert Monate, bevor Effekte sichtbar werden. Und trotzdem will es keiner machen, weil es langweilig ist. Die Lösung: Ein kleiner Pilotbereich, eine einzige Maschine, zehn ERP-Aufträge digitalisieren. Dann kann man mit geringem Aufwand zeigen, welche Effekte möglich sind. Wenn man Erfolge sieht, bekommt man Lust auf mehr.
Bernhard Gruber: Das heißt, am Ende ist es viel Knochenarbeit. Und Unternehmen müssen sich durchringen, diese Arbeit zu machen. Aber oft gibt es unterschiedliche Maßnahmen in verschiedenen Abteilungen. Und das Endergebnis ist dann doch nicht das gewünschte Ergebnis. Wo kommt es her, dass sich viele Unternehmen so schwer tun, konsequent ein gemeinsames Zielbild zu entwickeln und auch umzusetzen?
Johann Hofmann: Das kann man sogar nachweisen durch diverse Umfragen. Die Deutsche Industrie und Handelskammer macht seit vielen Die Deutsche Industrie und Handelskammer macht seit vielen Jahren jährlich eine Umfrage, wie weit ist die Digitalisierung vorangekommen? Und da gibt es seit drei Jahren immer wieder das gleiche Ergebnis. Da haben über 4000 Unternehmer mitgemacht. Es kamen jetzt die letzten Jahre immer raus, Schulnote 3,1. Und zwar ohne Verbesserung. Das heißt, die Digitalisierung tritt in Deutschland auf der Stelle. Andere Umfragen belegen ähnliche Ergebnisse. Und jetzt muss man sich fragen, ja wo kommt das her? Das liegt nicht an der politischen Ampel, das liegt nicht an den Kriegen dieser Welt und das liegt, auch nicht an der Klimakatastrophe. Das sind alles hausgemachte Themen.
Bernhard Gruber: Normalerweise ist die Antwort in der IT und in der Matrix ja immer 42. Für Sie ist die Antwort 35. Was steckt hinter 35 bei Ihrer?
Johann Hofmann: Die Smart Factory Matrix, die ich über Jahrzehnte entwickelt habe, besteht aus sieben Ebenen mit jeweils fünf Stufen. Sie führt in 35 Schritten zielsicher zu einer Smart Factory. Das ist mehr als ein Reifegradmodell, es ist eine Roadmap. Viele Unternehmen setzen nur auf Automatisierung oder nur auf Digitalisierung. Aber beides muss gemeinsam betrachtet werden. KI-Projekte werden oft als Silo-Projekte durchgeführt. Dann werden KI-Ergebnisse ausgedruckt und in Papierform durch die Fertigung getragen – das ist absurd. Um das zu verhindern, müssen alle Themen gemeinsam betrachtet werden. Dazu braucht es diese sieben Ebenen und 35 Schritte.
Mein Ansatz: 4.0 einfach anders. Es gibt zwei Möglichkeiten, um mit der Matrix zu arbeiten: Ein Impulsvortrag oder ein zweitägiger Workshop. Beim Impulsvortrag gehe ich durch die Fertigung, analysiere die Situation und passe meinen Vortrag an. Dann gibt es eine Diskussion und die Geschäftsleitung erhält punktuelle Impulse. Beim Workshop geht es tiefer: Am ersten Tag wird der Ist-Zustand analysiert. Am zweiten Tag erarbeiten die Mitarbeiter selbst eine Roadmap. Der Chef erlebt, wie seine Mitarbeiter Lösungen präsentieren. Das ist viel effektiver, als wenn ich als Berater einfach sage, was sie tun sollen. So entstehen nachhaltige Veränderungen.
Bernhard Gruber: Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Hofmann. Liebe Zuseherinnen und Zuseher, kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie Interesse haben, Ihre Produktion effizienter zu gestalten. Bis zum nächsten Mal.