LEADERSHIP+
Erhalt der Lieferketten sowie Bindung und Gewinnung neuer Mitarbeiter im Fokus der Unternehmen
Über zwei Jahre ist es nun her, da nahm die Coronapandemie ihren Ursprung und rief in Deutschlands Unternehmen zu Beginn größtenteils Ratlosigkeit hervor. Auch wenn die Folgen der Krise bis heute andauern, hat sie Führungskräfte wie Mitarbeiter:innen einiges gelehrt und gänzlich neue Kompetenzen zu Tage gebracht. Das Gros der Verantwortungsträger:innen hat realisiert, dass die größten Herausforderungen im Jahr 2022 im Erhalt und der Absicherung der Lieferketten, dem Aufbau eines nachhaltigen und gleichzeitig digitalen Geschäftsmodells sowie der einer entsprechenden Unternehmens- und Innovationskultur sind. Beides richtet sich sehr stark am Führungspersonal und dessen Fähigkeiten aus.
Rückte bereits im letzten Jahr vor allem das Thema “Distance Leadership” in den Vordergrund, sind es nun vor allem Mitarbeiterbindung und -gewinnung sowie Business-Agilität aufgrund zunehmender Veränderungen in der Unternehmensumwelt. Das zeigt die neue Leadership-Studie 2022. Dafür wurden im Januar und Februar 2022 rund 1.000 Spitzenführungskräfte, darunter u.a. Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte und Interim Manager aus verschiedenen Branchen, befragt.
Neues Führungsverständnis
„Die Studienergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass in den Unternehmen ein neues Führungsverständnis Einzug hält. Die Akzeptanz gegenüber dem Neuen und Unbekannten ist da, der Drang nach Veränderung ist förmlich zu spüren. Vertrauen, Empathie und Autonomie bestimmen das neue Miteinander – und das ist auch gut so”, sagt Rainer Nagel, Managing Partner und CEO von Atreus. „Wer sich im Wettbewerb behaupten und High Potentials halten und gewinnen möchte, der benötigt ein neues Mindset, eine tiefgreifende Kulturtransformation.”
Laut der Studie war die größte Führungs- und Leadership-Herausforderung im Jahr 2021 die Aufrechterhaltung der Supply Chain aufgrund der globalen Lieferverzögerungen und Engpässe. Auch das Thema Mitarbeiterzusammenhalt und das Managen der Belegschaft im Homeoffice beschäftigte die Unternehmenslenker im vergangenen Jahr sehr stark. Dabei glauben 42 Prozent der deutschen Entscheidungsträger, dass die Managementanforderungen im Jahr 2022 gleichbleibend hoch sein werden, 33 Prozent haben gar bessere Erwartungen an das laufende Jahr.
Mehrere Veränderungstreiber
Die größte Führungsherausforderung sehen die Befragten im Jahr 2022 mehrheitlich darin, die richtigen Mitarbeiter*innen an Bord zu halten, zu gewinnen und für das Unternehmen zu begeistern. Als Instrumente zur Mitarbeitermotivation nennen die Studienteilnehmer*innen zuvorderst die Etablierung eines hybriden Arbeitsmodells in Kombination mit offener Kommunikation, regelmäßige Workshops und Events sowie neue Bonus- und Beteiligungssysteme. Ähnlich herausfordernd wie die Mitarbeiterbindung und -gewinnung werden die Anpassung respektive Erweiterung der Unternehmenskultur und die Digitalisierung der Geschäftsmodelle und Prozesse.
„Wenngleich die Pandemie aktuell oft als Hauptgrund für Umstrukturierungen genannt wird, ist sie nur ein Veränderungstreiber unter vielen: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Klimawandel – externe Faktoren hatten noch nie so viel Einfluss auf die Unternehmensentwicklung. Diese Marktdynamik dominiert das Alltagsgeschäft und verlangt nach einer hohen Anpassungsbereitschaft aller Mitarbeitenden”, sagt Dr. Harald Linné, ebenfalls Managing Partner und CEO von Atreus.
Ausbaufähige ESG-Bemühungen
Bei den größten persönlichen Herausforderungen im Jahr 2022 sind sich die Studienteilnehmer*innen einig. Die Veränderung der Führungskultur durch die Digitalisierung und der Umgang mit “Distance Leadership” bleiben anspruchsvoll und werden die Unternehmen über das ganze Jahr begleiten. Als positive Effekte und Learnings aus der Krise bemerken sie allerdings einstimmig, dass die Arbeit im Home- und Mobile Office hervorragend funktioniert, die Flexibilität gesteigert wurde und der Großteil der Beschäftigten einer neuen Arbeitskultur sehr offen gegenübersteht. Darüber hinaus wird es enorm wichtig werden, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, eine engere Einbindung von Leistungsträgern zu gewährleisten, Perspektiven aufzuzeigen und Weiterbildungsmaßnahmen stärker zu integrieren.
Mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit gehen die Meinungen der Befragten etwas auseinander. Während 43 Prozent der Führungskräfte diesem Zukunftsthema einen hohen Stellenwert beimessen, sehen immerhin 34 Prozent nur einen mittleren Stellenwert im Unternehmen. Ganze 63 Prozent der Befragten haben noch kein ESG-Programm aufgesetzt, wobei diejenigen, die es bereits haben (37%), klare und messbare Ziele (z.B. CO2-Neutralität, geringerer Strom- und Wasserverbrauch etc.) definiert haben. Einen “Head of Sustainability” haben bisher nur 28 Prozent installiert. 72 Prozent definieren ESG hingegen als Zusatzverantwortung. Die Gründe für ein nicht vorhandenes ESG-Programm liegen laut der Studienteilnehmer*innen in der Ermangelung von Ressourcen und fehlender Basics sowie aktuell anderer Prioritätensetzung. Gleichwohl ist das Thema “Unternehmerische Klimaneutralität” vorhanden – die meisten Unternehmen planen Netto-Null-Emissionen für die Jahre 2030 bis 2040.